Dr. U. Borgwardt
Die englische Sprache ist am nächsten mit den friesischen Sprachen und mit dem Niederdeutschen verwandt. Darüber hinaus hat das Französische die englische Sprache beeinflusst. Daher fällt es Schülerinnen und Schülern mit Deutsch und Französisch als Muttersprache weniger schwer als anderen, die englische Sprache zu verstehen und zu erlernen. Englisch verbreitete sich schnell, zunächst auf den Britischen Inseln und dann in den englischen Kolonialgebieten in Amerika, Australien, Afrika und Indien. Dadurch wurde Englisch zu einer Weltsprache. Heute ist Englisch weiter verbreitet als jede andere Sprache auf der Erde Es ist die offizielle Sprache der meisten internationalen Organisationen. Deutsch liegt nach Mandarin-Chinesisch, Hindi, Spanisch und Französisch und sowie weiteren 6 Sprachen auf Platz 12.
In der alten BRD einigten sich die Länder 1955 im Düsseldorfer Abkommen darauf, an den Schulen Englisch generell als Pflichtfremdsprache einzuführen. In der sowjetisch besetzten Zone und in der DDR war nicht Englisch, sondern Russisch die einzige obligatorische Fremdsprache. Wer Englisch lernen wollte, konnte das frühestens ab Klasse 7 an den meisten Erweiterten Oberschulen oder in Kursen an Volkshochschulen. An den Polytechnischen Oberschulen wurde Englisch als Unterrichtsfach nur angeboten, wenn das in den Einsatzplänen der dafür zuständigen Abteilung Volksbildung vorgesehen war. Ob dann Englisch auf dem Stundenplan stand, hing maßgeblich von dem Vorhandensein dafür ausgebildeter Lehrkräfte, von den darauf drängenden Eltern, von der Anzahl der Schüler*innen sowie geeigneten Lehrbüchern ab. Einen früh beginnenden oder erweiterten Englischunterricht gab es noch nicht. Auch Olympiaden im Fach Englisch und Feste der englischen Sprache waren äußerst selten. Erst durch den Fernsehkurs „English for you“ 1968 wurde bei vielen Zuschauerinnen und Zuschauern der Wunsch geweckt, Englisch zu lernen.
Die Qualifizierung von Fremdsprachenlehrkräften, insbesondere Russischlehrkräften, begann zunächst in den Arbeiter- und Bauern-Fakultäten. Die Heranbildung der fehlenden Englischlehrkräfte an den Englischinstituten in Greifswald und Rostock kam nur stockend voran. Erst mit der III. Hochschulreform und der Gründung von Sektionen Sprach- und Literaturwissenschaft mit der Anglistik und Etablierung einer Englischdidaktik 1968 kamen die Lehrkräfteaus-, -fort- und -weiterbildung langsam in Fahrt. Sie wurde nun zunehmend Praxis verbundener gestaltet. Ein Studienaufenthalt für Lehrkräfte und Englisch Studierende in Großbritannien ließ weiter auf sich warten.
Erst seit 1991, 35 Jahre nach den Schülerinnen und Schülern in den alten Bundesländern, lernen auch in MV alle Mädchen und Jungen Englisch als Pflichtfremdsprache. Die Anzahl der Schüler*innen betrug schon 1991 146.313 . Nach gegenwärtigem Stand der Datenerfassung lernten im Schuljahr 2021/2022 vier von fünf Schülerinnen und Schülern diese Fremdsprache. Englisch wurde ab Klasse 3, vereinzelt bereits im Kindergarten sowie ab Klasse 1 unterrichtet. Mit Englisch kann man mehr anfangen als mit Russisch, so die Meinung vieler Eltern und Schüler*innen, die Russisch abwählten.
Erstmals wurden mehr Englischlehrer*innen gebraucht als Russischlehrer*innen. Einige Russischlehrer*innen erwarben die zusätzliche Qualifikation für ein Lehramt im Fach Englisch.
Eine erneute Hochschulreform ersetzte die Sektionen Sprach- und Literaturwissenschaft durch eigenständige Institute. An den Instituten für Anglistik/Amerikanistik in Greifswald und Rostock erhöhte sich die Anzahl der Studienbewerber*innen für ein Lehramt schlagartig. Zugleich gewann die Didaktik an Bedeutung für Lehramtsbewerber*innen. Die Teilnahme an Sommerkursen in Großbritannien wurde nun auch möglich.
An der Gründung des ersten Landesverbandes Moderne Fremdsprachen (FMF M-V) 1990 waren auch Englischlehrkräfte beteiligt. An den jährlich stattfindenden Fremdsprachentagen des FMF MV werden für Englischlehrkräfte, Referendarinnen und Referendare sowie Studierende zahlreiche Vorträge, Workshops und Fachdiskussionen auf Deutsch und Englisch angeboten. Die Resonanz bei Englischlehrkräften ist erfreulich groß und motiviert den Vorstand unseres Fachverbandes für die Planung und Durchführung des nächsten Fremdsprachentages.