ERFAHRUNGSBERICHT
Die Kurzgeschichte “Good Advice Is Rarer than Rubies” von Salman Rushdie wurde im Rahmen des Themenblockes “A Multicultural society – national and cultural identity” in einer 11. Klasse behandelt. Der thematische Einstieg erfolgte über den Begriff multiculturalism am Beispiel Großbritanniens. Im Mittelpunkt standen dabei Fragen nach nationalen und kulturellen Identitäten in Great Britain. Den thematischen Schwerpunkt der fünfstündigen Unterrichtseinheit bildeten die Erschließung und die Analyse der Kurzgeschichten. Das Ziel war, vorhandenes Wissen zur short story und ihre Struktur zu reaktivieren, zu vertiefen und letztlich die kommunikativen und schriftlichen Fertigkeiten und Fähigkeiten der Schüler zu festigen. Bei der Auswahl wurde neben der Thematik Immigration, Indien, Großbritannien etc. vor allem auf das Anforderungsniveau geachtet. Der Inhalt, die äußere Aufmachung, das angemessene Leseniveau und die Vermittlung neuer Erfahrungen gehören zu den Auswahlkriterien. Das Genre wurde bereits in einer vorangehenden Unterrichtseinheit behandelt. Umso wichtiger war es, ein Leseinteresse bezüglich der Thematik zu wecken. Weitere Schwerpunkt war die Förderung des eigenständigen Erschließens und des Erarbeitens einer Kurzgeschichte, mit der Absicht eine langfristige Vorbereitung auf das Abitur zu gewährleisten.
Zur Auswahl standen unter anderem eine authentische Version der short story ohne gekennzeichneten unbekannten Wortschatz und zwei didaktisch aufbereitete Versionen. Ich habe mich dabei auf Grund der Ausgangsituation der Klasse für eine didaktisch aufgearbeitete Version entschieden, die in der Zeitschrift Spotlight 12/05 erschienen ist. Die Geschichte ist mit Bildmaterial versetzt und verfügt über eine Vokabelliste mit deutscher Übersetzung.
Ein fachübergreifendes Arbeiten, wie es sich mit den Fächern Geographie und/oder Geschichte angeboten hätte und es der gemeinsame Rahmenplan Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg in Sekundarstufe II vorschlägt, ist möglich, wurde hier jedoch nicht genutzt. Demzufolge sind Aspekte wie Geschichte, Religion und Sprache in die Unterrichtsentwürfe eingearbeitet worden. Sie dienten häufig der thematischen Motivierung.
Der nachfolgende Erfahrungsbericht präsentiert eine mögliche Erarbeitung der Kurzgeschichte”Good Advice Is Rarer than Rubies” von Salman Rushdie.
Pre-reading activities
Im Mittelpunkt der ersten beiden Stunden, die auf Grund des Stundenplanes in einem Komplex von 90 Minuten unterrichtet wurden, stand neben dem vorbereitenden Lesen vor allem das leise bzw. stille Lesen. Die Motivierung erfolgte über gezielte thematische Fragestellungen, die die Erwartung und das Leseinteresse bei den Schülern wecken sollten. In der ersten Stunde wurde Bildmaterial einbezogen (siehe Bildmaterial). Das Ziel war, durch angestellte Vermutungen über den Inhalt der Kurzgeschichte das so genannte vorausschauende Lesen zu entwickeln bzw. zu üben (Arbeitsblatt: The P-R-R Reading Method/ Reading for a Purpose). Die Hinführung zur Thematik führte über die Vorgabe der Überschrift. Der thematische Einstieg wurde über drei statements einer der Hauptpersonen gewählt. Die Schüler waren dazu angeregt jene für sich zu interpretieren. Am Ende der gesamten Unterrichtseinheit wurden diese noch einmal aufgegriffen und in den Kontext gesetzt. In der nachfolgenden Stunde wurden auf landeskundliches Wissen, in Form von True and False Statements (Arbeitsblatt: True and False Statements) eingegangen. Ein zusätzlicher Aspekt war dabei die Beschreibung von indischen Begriffen in der Fremdsprache. Auf Grund der Länge der short story wurden zunächst nur die ersten vier Paragraphen gelesen bzw. erarbeitet. Anhand jener in einer späteren Unterrichtssequenz reporting verbs (Arbeitsblatt: Reporting Verbs) wiederholt wurden.
Nach dem ersten Lesen konzentrierte sich das weitere methodisch-didaktische Vorgehen auf das Erarbeiten verschiedener Lesetechniken. Im Mittelpunkt standen Techniken wie das skimming, scanning und research reading. Um die einzelnen Lesenweisen üben wurden sie zusammen im mit thematischen Fragestellungen vertiefend geübt (Arbeitsblatt: P-R-R Reading Method/ Reading for a Purpose). Es galt Informationen zusammengetragen, die für eine selbstständige schriftliche Anfertigung von Charakteristiken und die Beantwortung thematischer Fragestellungen wichtig waren. Schwierigkeiten bei den pre-reading activities sind in den Stunden trotz teils sehr unterschiedlichem Anspruchsniveau kaum aufgetreten. Das Beschreiben von Bildern und die Beantwortung von True and False Statements haben sich als motivierend erwiesen. Die Schüler arbeiteten bereitwillig mit, zeigten Interesse an der Thematik und konnten den gestellten Anforderungen sprachlich folgen.
While-reading activities
Auf Grund der Länge wurde die Kurzgeschichte abschnittsweise erarbeitet. Dabei wurden unterschiedliche while–reading activities für die einzelnen Textpassagen gewählt. Motivierend war dabei unter anderem das Lesen in verteilten Rollen, das folglich zur Übung der eigenen Aussprache diente. Ein weiteres Ziel dieser Übung war die Überprüfung des Textverständnisses. Hilfreich erscheint in diesem Unterrichtsabschnitt auch die Evaluation des eigenen Lesens (Arbeitsblatt: Evaluation). Eine weitere Möglichkeit bot die Beantwortung der W-questions und thematischen Fragen, die strukturelle Gliederung der Kurzgeschichte (Arbeitsblatt: Structure of a Short Story) sowie die Arbeit mit dem neuen Wortschatz. Verschiedene Semantisierungsverfahren ermöglichten hier den Zugang zu den zahlreichen neuen Vokabeln.
Durch die Vielfalt der Aufgaben wurde bezielt darauf geachtet, dass jedem Schüler am Ende des thematischen Blockes und des Erlernens von Lesetechniken die gleichen Informationen zur Verfügung standen.
Post-Reading activities
Sich tiefgründig mit dem Text auseinanderzusetzen und bereits gewonnenes Wissen anzuwenden und weiterzuführen war ein Bestandteil der post-reading activities. In einer Unterrichtsequenz wurden die Schüler motiviert neue Überschriften bzw. ergänzende Überschriften für die short story zu erstellen. Jene wurden später im Klassenverband diskutiert.
Der thematische Schwerpunkt lag in der Charakterisierung der beiden Hauptpersonen. Die Schüler war die Wahl des Charakters freigestellt. Die Reaktivierung über die Anfertigung einer Charakteristik war dabei elementar. Nur so konnte ein bestmögliches Resultat für anschließende Übungen gewährleistet werden. Mit Hilfe der erstellten Personenbeschreibungen konnten Unterschiede zwischen den einzelnen Charakteren herausgearbeitet werden. Ein wichtiger Aspekt war, relevante Textbeispiele zu präsentieren, um die eigene Meinung zu begründen. Neben Verständnisfragen, bildete das kreative Schreiben den Abschluss der Unterrichtseinheit. In Vorbereitung auf das eigene Abitur war geplant, in einer längeren Unterrichtseinheit, eine abgewandelte Abituraufgabe zu bearbeiten. In der Ergebnispräsentation haben sich ganz unterschiedliche problemorientierte Herangehensweisen gezeigt. Im Gegensatz zu der Abiturprüfung in Nordrhein-Westfalen, die Grundlage für diese Unterrichtseinheit bot, war es den Schülern freigestellt, ob sie die Aufgabe allein oder mit einem Partner bewältigen. Zudem konnten die Schüler wählen, ob sie ein Telefongespräch oder, unter Einbezug der formalen Kriterien, einen Brief verfassen.
Fazit
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die gesamte Unterrichtseinheit erfolgreich verlief. Die Planung einer längeren Unterrichtseinheit von mindestens fünf Unterrichtsstunden erschien in jedem Fall sinnvoll. Das zielgerichtete Üben des textverarbeitenden Lesens und die Reaktivierung von Elementen der Kurzgeschichte, wie beispielsweise die Struktur der Kurzgeschichte, wurden erreicht. Mit Hilfe einer Auswahl von Übungen konnte den Schülern unterschiedliche lerntechnische und thematische Herangehensweisen aufgezeigt werden. Die der Erschließung eines komplexen Textes sowie der Beantwortung themenspezifischer Aufgaben ist häufig ein Problem gerade bei längeren fremdsprachlichen Texten. Die gezielt Vorbereitung und Erarbeitung ist daher ausschlaggebend für den Erfolg. Konzepte wie das des “Cultural Iceberg” helfen bei der Lösung von Verständnisproblemen und möglichen Problemender thematischen Analyse der Kurzgeschichten. Sie dienen als Stütze und Ansatzpunkt für die eigenständige Analyse. Gleichzeitig sind sie motivieren. Trotz vorausgegangenem Wissen, fiel es den Schülern nicht immer leicht motiviert und zielstrebig zu arbeiten. Daher sind Exkurse wie beispielsweise der Einbezug von indischem Vokabular, sowie Kultur und Geschichte wichtige Bestandteile für den Erfolg.
Schwierigkeiten traten vereinzelt bei der englischsprachigen Beschreibung der Vokabeln auf. Es ist ist zu überlegen, ob wie in diesem Fall auf eine zweisprachige Vokabelliste zurückgegriffen wird oder auf die schwierige Variante der Einsprachigkeit. Die Übung zu den reporting verbs, die Bereitstellung und Verarbeitung von argumentativen Satzanfänge sowie deren anschließende Verwendung haben gezeigt, wie zögerlich Schüler mit der Einarbeitung dieses Vokabulars in den aktiven Wortschatz umgehen. Häufig wurde in den angefertigten Charakteristiken auf bereits bekanntes zurückgegriffen. Hier sind noch Ansätze hinsichtlich der Optimierung zu finden.
Short stories stellen eine Ergänzung zu anderen Textsorten im Englischunterricht der Sekundarstufe II dar. Sie bilden eine Grundlage für das Erschließen von längeren literarischen Texten wie bespielsweise novels. Zudem bieten sie Raum um unterschiedliche Arbeitstechniken, Konzepte und Fertigkeiten zu wiederholen. Als Idee möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass in der weiteren Vorbereitung auf die Abiturprüfung jedem Schüler short stories bereitgestellt werden. Diese könnten über einen längeren Zeitraum von den Schülern selbstständig bearbeitet werden. Als Ergebnis könnte ein Vortrag, ein Hefter oder ein Lesetagebuch vorbereitet und präsentiert werden. Die Vorraussetzung ist, dass die Schule bzw. der Lehrer über eine ausreichende Sammlung an Kurzgeschichten verfügt. Möglich wäre auch eine short story box mit einer Auswahl an Geschichten.
Nachfolgend finden Sie eine Auswahl an Unterrichtsvorschlägen und Materialen, die im Rahmen des Themenblockes “Nationale und kulturelle Identitäten“ am Beispiel von Salman Rushdies Kurzgeschichte “Good Advice is Rarer Than Rubies” genutzt werden können. Die Übersicht setzt sich auch sechs Themenschwerpunkten zusammen: The Structure of a Short Story, Concept of the “Cultural Iceberg”, Reading Skills, Short Story Analysis, Vocabulary and Grammar und eine Übersicht zu den Writing Skills. Daraus ergeben sich zahlreiche Mäglichkeiten und Erarbeitungskriterien. Für den Artikel wurden exemplarisch drei Arbeitsblätter gewählt: “Structure of A Short Story,” “Culture: India and Great Britain – The Conecpt of “The Cultural Iceberg”” und eine Übersicht unter dem Titel “Writing Skills: Word Phrases”, die eine Grundlage für die argumentative Analyse bietet.
Ein weiterer Vorschlag wäre, Filmsequenzen aus East is East, eine Komödie von Ayub Khan-Dins, oder den Film Bend it like Beckham zur Abrundung des Themenblockes zu zeigen. Das ausgewählte abstract ist ein Bespiel, wie Internetquellen in den Unterricht eingebunden werden können. Es bietet sich an, jenes in Form eines Lückentextes zu erarbeiten und gleichzeitig Fragestellungen zu wiederholen. Zudem können Prinzipien für das Schreiben eines abstracts abgeleitet und die Internetquellen bezüglich ihres Inhaltes kritisch bewertet werden. Die Medienhinweise bieten eine Reihe von Möglichkeiten für thematische Recherchen, die Vergabe von Vorträgen zu kulturellen und historischen Aspekten sowie für die Gestaltung von Hausaufgaben oder für einzelne Unterrichtseinheiten.
Aletta Köhler