Dr. Ulf Borgwardt
Das ist keine Weihnachtsgeschichte, sondern ein kleiner Test über Wissenswertes über Weihnachten zwischen Erbe und Gegenwart in der weihnachtlich geschmückten russischen Metropole und über deutsch-russische Traditionen beim Feiern von Weihnachten. Wenn Sie denn mögen, überprüfen Sie mit Hilfe einiger Fragen, wie gut Sie sich damit auskennen. Die Antworten auf diese Fragen erhalten Sie weiter unten:
- Seit wann ist in Russland Weihnachten offizieller Feiertag?
- Wann wird in St. Petersburg Weihnachten gefeiert?
- Wie ist das mit der Tradition des Fastens vor Weihnachten in Russland?
- Gibt es in St. Petersburg auch Weihnachtsmärkte?
- Welche kulinarischen Überraschungen hält der Internationale Neujahrs- und Weihnachtsmarkt dort bereit?
- Wie wird der russisch-orthodoxe Gottesdienst zu Weihnachten gefeiert?
- Seit wann gibt es die Tradition, einen Weihnachtsbaum aufzustellen und zu schmücken?
- Wer bringt heute in Russland die Geschenke?
- Nach der Oktoberrevolution 1917 durfte man Weihnachten im religiösen Sinne nicht mehr feiern. Erst 1991 wurde Weihnachten zum offiziellen Feiertag erklärt. In der Zwischenzeit bildete sich der Brauch heraus, sich zu Silvester gegenseitig zu beschenken.
- Die russisch-orthodoxen Christen feiern Сочельник (Heiligabend) und Рождество (Weihnachten) nachdem alten julianischen Kalender erst 13 Tage später am 6. und 7. Januar. Der 24. Dezember ist in St. Petersburg wie in ganz Russland ein normaler Arbeitstag. Im deutsch-russischen Begegnungszentrum, in der Petersburger St. Petrikirche, begehen Deutsche und Russen Weihnachten auch schon am 31. Dezember.
- Für streng Gläubige beginnt eine 40tägige Fastenzeit am 28. November. Sie endet in der Nacht zum 07. Januar um 0 Uhr. In dieser Zeit sollen Fisch, Öl und Wein möglichst gemieden werden. Montags, mittwochs und freitags dürfen russisch-orthodoxe Christen erst nach der Abendmesse etwas essen. Am 6. Januar, dem Сочелник wird gar nichts gegessen, bis der erste Stern am Himmel erstrahlt. Danach zünden die Gläubigen eine Kerze an, stellen sie ins Fenster und bereiten sich mit Liedern und Gebeten auf den abendlichen Weihnachtsgottesdienst vor. Das Fasten wird als eine Art körperlicher und geistiger Reinigung gelebt. Früher wurde das Fastenbrechen mit сочиво (Sochivo), einem rituellen аlt-russischen Gericht aus Mandeln, Mohn, Honig und Getreide, begangen. Es symbolisiert Hoffnung, Unsterblichkeit, Erfolg, Glück und Ruhe.
- Der größte Weihnachtsmarkt Sankt Petersburgs, der Internationale Neujahrs- und Weihnachtsmarkt, findet erst seit 15 Jahren jeweils vom 24. Dezember bis 8. Januar mit über 160 Ständen und einer Eisbahn auf 100 Quadratmetern Fläche auf dem Platz der Pioniere („Пионерская площадь“) statt. Die Holzhäuschen sind in vier Reihen angeordnet. Jede repräsentiert ein Land, eine Stadt oder eine Region. Die Gänge zwischen den Verkaufsbuden sind überdacht. Dort kann man sitzen und essen. Es gibt aber wenig, was man draußen sofort verzehren kann. Tagsüber dudelt jemand „Jingle Bells“, abends finden Konzerte statt, bei denen russische Volksmusik- und Volkstanzgruppen in phantasievollen Kostümen auftreten. Auf dem Weihnachtsmarkt flanieren скоморохи (Gaukler) mit weißen Gesichtern, roten Lippen und weißer Kleidung. Der Markt ist umzäunt. Metalldetektoren überprüfen die Gäste beim Betreten und Verlassen des Marktes. Er ist zwei bis drei Metrostationen entfernt von der Hauptstraße, vom 5 km langen und bis zu 60 m breiten Newski-Prospekt.
- Auf dem Markt gibt es nicht nur viele Spezialitäten aus Europa, u.a. aus Deutschland, Serbien, Lettland, Ungarn, Tschechien und Belgien, sondern auch aus Asien und dem Nahen Osten, u.a. aus China, Usbekistan, Georgien, Israel und Indien. Hier riecht es nach Fisch und Fleisch. Die Produkte aus den russischen Regionen sind am beliebtesten. Das beweisen die langen Schlangen von bis zu 30 Kunden vor den Hütten mit Elchfleisch, Fischkonserven, Salami und Zucchinikaviar. Schaschlik aus Schwein und Hähnchen wird auf Bestellung frisch zubereitet Die regionalen Produkte sehen vertraut aus, wie von einem Kolchosmarkt, wie man ihn zur Sowjetzeit kannte. Wurst und Speck aus Belarus, Beeren aus Karelien, Pilze, eingelegtes Gemüse und Suppen aus Nowgorod, Honig aus der Region Krasnodar, Lebkuchen aus Tula oder Halva, Nüsse und getrocknete Früchte aus den Kaukasus-Regionen finden reißend Käufer. An Getränken ist глинтвейн (Glühwein ohne Schuss) der Renner. Sehr gefragt ist auch der köstliche медовуха (Honigwein). Ein Glas davon wäre doch sicher auch etwas für Sie? Die Besucher wärmen sich gern mit etwas Hochprozentigem, Tee oder Kaffee auf. Die meisten Leckereien eignen sich mehr zum Verzehr zu Hause als sofort auf dem Markt. Nur Bratwurst mit Kraut, Schaschlik, Piroggen oder Hatschapuri aus Georgien (ein mit säuerlichem Käse gefülltes Fladenbrot) lassen sich an den Tischen vor der Bühne genießen. Das internationale Angebot an kulinarischen Überraschungen ist nahezu unbegrenzt. Es reicht u.a. von Wurstwaren aus deutscher, polnischer und tschechischer Produktion, Oblate aus Tschechien, Schokolade aus Lettland über Fischkonserven bis hin zu Piroggen, belgischen Waffeln und Bratwurst. Leckeres Obst in Karamell stammt aus China.
Außer Essen und Trinken bieten die Holzhäuschen von Hand bemalte Spielsachen, валенки (Filzstiefel), warme Strickwaren (Handschuhe, Socken, Kopftücher), Kristallwaren, Designerkleidung, handgemachten Schmuck oder Holzspielzeuge aus Сергиев Посад an. Dies alles sieht wirklich faszinierend aus. Besen aus Birkenholz für den Besuch in der Banja hängen kopfüber von der Decke einer Holzhütte herab. - Am Abend des 6. Januar starten die Feierlichkeiten mit einem langen, besinnlichen Gottesdienst und einer romantischen Lichterprozession. Der Gottesdienst beginnt am 6. Januar um 23 Uhr und endet am 7. Januar um 2 Uhr morgens. Am 7. Januar gehen die Gläubigen zur Frühmesse wieder in die Kirche. Anschließend wird im Familienkreis gefeiert. Zur russischen Weihnachtszeit werden neben christlichen Liedern auch viele Lieder zur Verehrung der Sonne und anderer Naturphänomene gesungen. Man wünscht sich eine reiche Ernte und glückliche Ehe.
- Seitdem St. Peterburg von Zar Peter dem I. gegründet wurde. Das war Anfang des 17. Jahrhunderts. Der erste Christbaum wurde in der St. Petrikirche vor etwa 300 Jahren aufgestellt. Die Kirchen in Russland, darunter auch die St. Petrikirche, wurden 1937 durch einen Erlass von Stalin geschlossen und zum großen Teil zweckentfremdet genutzt.
- Das sind nicht der Weihnachtsmann oder das Christkind wie bei uns, sondern meist ДедМороз (Väterchen Frost) gemeinsam mit seiner Enkelin Снегурочка (Schneeflöckchen). Manchmal liegen die Geschenke auch unter dem Lichterbaum.